Die falschen Arten sind auf dem Vormarsch

Kreisjägerschaft Pinneberg weist auf alarmierende Tendenzen in der Tierwelt hin

Pinneberg. Anhand von zwei Quellen kann die Kreisjägerschaft Pinneberg fundierte Aussagen über die Entwicklung der Wildtierbestände machen. Dazu zählt zum einen der Streckenbericht, denn auch aus der Zahl der erlegten Tiere sind Rückschlüsse auf Populationen möglich. Zum anderen gehört dazu die Wildtiererfassung, für die Jäger auch nicht jagdbare oder gejagte Tierarten dokumentieren. Beide Quellen zusammen ergeben ein düsteres Bild: Die falschen Tierarten sind auf dem Vormarsch. Konkret: Während die Anzahl der Räuber oder auch Wildschweine teils extrem zunimmt, schwinden insbesondere jene Tierpopulationen, die sich von Insekten ernähren.

Und wer trägt die Verantwortung? „Wir alle sind schuld. Alle, die Lebensmittel kaufen. Denn wenn wir bereit wären, etwas mehr für unsere Ernährung auszugeben, würde das den wirtschaftlichen Druck auf die Landwirte nehmen. Der Aufschlag könnte in die Lebensraumgestaltung der Wildtiere fließen.“ Diese Argumentationskette baut Dr. Christian Schadendorf, stellvertretender Vorsitzender der Kreisjägerschaft und als stellvertretender Kreisjägermeister bestens mit dem Streckenbericht vertraut. Seine Ansicht ist in der Kreisjägerschaft Mehrheitsmeinung: Wenn Landwirte aufgrund besserer Preise für ihre Produkte ihre Flächen nicht mehr bis ins letzte Eckchen bewirtschaften müssten, bliebe mehr Platz für Raine und Randstreifen, Blühstreifen und andere Flächen, die sich die Natur zurückerobern könnte.

Deutlich wird die Spannung beim Maisanbau. Die großen Schläge bedeuten fürs Schwarzwild ein All-youcan-eat-Buffet. Zwischen den Pflanzen finden Wildschweine beste Deckung, sodass sie nur schwer bejagt werden können. Konsequenz: Die Zahl der im Kreis Pinneberg erlegten Tiere stieg von 88 in der Saison 2017/2018 auf 148 Stück in 2018/2019. Das ist ein Anstieg von mehr als 60 Prozent. Hingegen machen die Mais-Monokulturen beispielsweise dem Mäusebussard das Leben schwer. „So lange der Mais steht, ist das für den Bussard eine tote Landschaft – er sieht dort keine Beute. Und wenn der Mais abgeerntet ist, leben dort auch nur wenig Beutetiere“, so Hans-Albrecht Hewicker, Obmann für Wildtiererfassung. Zwar habe sich die Zahl der im 2017 festgestellten Mäusebussard-Brutpaare von 190 auf 233 im vergangenen. Jahr leicht gesteigert, nach einem langen Abwärtstrend gibt es eine erste Erholung, frühere Zahlen werden aber längst nicht erreicht.

Bitter sieht die Lage beim Niederwild aus. Die Anzahl der im Kreis PInneberg erlegten Hasen nahm von 812 auf 737 ab, die Anzahl der Kaninchen von 67 auf 55, die der Fasane von 167 auf 127 und die Zahl der Brutpaare bei Rebhühnern schrumpfte von 13 auf sieben. „Immerhin sind überhaupt noch welche da – im vorigen Jahr befürchteten wir bereits, dass wir sie das letzte mal zählen konnten“, sagte Hans-Albrecht Hewicker.

Grund dafür ist zum einen, dass die Lebensräume schwinden und mit ihnen die so notwendigen Nahrungsquellen wie eine vielfältige Pflanzenwelt und die darin lebenden Insekten. Grund ist zum anderen, dass die Zahl der Prädatoren, der Räuber, zu denen neben Fuchs und Dachs auch invasive Arten wie Marderhund, Mink und Waschbär gehören, stark zugenommen hat. Laut Streckenbericht wurden 317 Marderhunde erlegt im Vergleich zu 121 im Vorjahr, 560 Füchse im Vergleich zu 504, 109 Dachse im Vergleich zu 75. Sie fressen bei den Bodenbrütern nicht nur die Gelege, sondern auch kleinere Tiere.
Für Hans Wörmcke, den Vorsitzenden der Kreisjägerschaft, schrillen die Alarmglocken deshalb immer lauter. „Natürlich wollen wir den Menschen keine bestimmte Lebensweise vorschreiben. Aber es gibt gute Argumente und Ansätze für jeden, der sich um die Natur Sorgen macht. Und das kann beispielsweise schon im eigenen Garten beginnen – denn auch hier gibt es zumindest kleine Möglichkeiten, Wildpflanzen und Insekten zu fördern“, sagte er

Fuchs im Grasland
DJV Rolfes Fuchs

Prädatoren wie der Fuchs setzen dem Niederwild im Kreis Pinneberg stark zu.

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Kreisjägerschaft Pinneberg:
Die Kreisjägerschaft Pinneberg ist ein eingetragener Verein und Mitglied im Landesjagdverband Schleswig-Holstein.
Jäger, Jagdberechtigte und Naturliebhaber setzen sich in acht Hegeringen für das Gleichgewicht und die Vielfalt in der Natur sowie den Natur- und Artenschutz ein.

Text als PDF-Datei und Fotos zum Artikel

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