Problemfall Wildschwein
Kreisjägerschaft weist auf rapide Vermehrung hin
Pinneberg. Auch die Kreisjägerschaft Pinneberg beobachtet mit Sorge die Ausbreitung und Zunahme der Wildschweinbestände in ihrem Bereich. Die Natur hat es so eingerichtet, dass die Jungtiere im Frühjahr zur Welt kommen, sodass sie für ihre ersten Lebensmonate die günstigste Phase des Spätfrühjahrs und Sommers zur Verfügung haben. Bei den Wildschweinen mit einer Tragezeit von drei Monaten, drei Wochen, drei Tagen bedeutet das, dass die Rauschzeit des Schwarzwildes, wie in der Jägersprache die Paarungszeit der Wildschweine genannt wird, in den Dezember/Januar fällt.
„Das große Nahrungsangebot führt mittlerweile aber dazu, dass Wildschweine fast das gesamte Jahr über paarungsbereit sind“, sagte Hans-Albrecht Hewicker, Obmann für Wildtiererfassung der KJS. Insbesondere die großen Maisfelder seien über viele Monate wie ein Buffet für die Wildschweine. Und im Winter fehlten Schnee und Eis, so dass die Tiere es mit ihrer Nahrungssuche leicht haben.
Das hat dazu geführt, dass sich die Wildschweine im Kreisgebiet ausbreiten. Nachdem etwa um das Jahr 1800 die letzten Wildschweine in unserem Bereich erlegt worden waren, waren diese Tiere fast 200 Jahre lang hier gar nicht mehr anzutreffen. In den 1990er Jahren etablierten sich Wildschweine zunächst im Norden des Kreises wieder. Der Raum von Bokel über Lutzhorn, Heede bis Langeln wurde zunächst zur neuen Heimat.
Mittlerweile gibt es aber auch eine kräftig wachsende Kolonie im Raum Heist und Holm. Die KJS ist nicht glücklich darüber, denn nicht allein Fraßschäden – insbesondere auch in den Baumschulen – sind zu befürchten, sondern durch die dichte Besiedlung und das gut entwickelte Straßennetz steigen auch die Risiken für unliebsamen Kontakt mit den Menschen, sei es bei Verkehrsunfällen oder bei Spaziergängen im Wald, wo rauschige Keiler und führende Bachen insbesondere auf Hunde übellaunig reagieren könnten.
Hinzu kommt die wachsende Gefahr durch die Afrikanische Schweinepest (ASP), die vom Osten her kommend in Polen mittlerweile bis auf rund 20 km an die deutsche Grenze herangerückt ist. „Die Hauptgefahr bei der ASP-Verbreitung bildet zwar nach wie vor der Mensch, der sich mit kontaminierten Lebensmitteln unachtsam verhält. Aber wenn es erst einmal zu einem ASP-Ausbruch gekommen ist, sind die Wildschweine der Hauptverbreitungsfaktor. Je dichter ihr Bestand, desto höher die Gefahr der schnellen Verbreitung. Wir müssen weiterhin wachsam sein“, so Hewicker. Denn Haus- und Wildschweine sterben nach der Infektion mit der ASP innerhalb einer Woche. Für andere Haus- und Nutztiere sowie für den Menschen ist das Virus völlig ungefährlich.
Ein Ausbruch hätte jedoch schwerwiegende wirtschaftliche Folgen: der internationale Export von Schweinefleisch aus Deutschland würde zum Erliegen kommen und nationale Handelsbeschränkungen für die Landwirtschaft wären die zwangsläufige Folge. Ein ganzer Wirtschaftszweig würde schlagartig stillgelegt werden mit der Folge von Milliardenschäden für die deutsche Wirtschaft.
Deshalb darf der Jagddruck nicht gemindert werden. Die Gesamtstrecke an Wildschweinen betrug im Jagdjahr 2017/18 im Kreis Pinneberg 52 Stück, im Jagdjahr 2018/19 mit 91 erlegten Tieren schon fast das Doppelte. „Diese Entwicklung im Kreis Pinneberg ist im wesentlichen auf die Zunahme und die verstärkte Bejagung im Südkreis zurückzuführen“, sagte Hewicker.
Einen positiven Nebeneffekt hat die Sache allerdings auch: das Wildbret. In Deutschland ist Wildschwein-Fleisch am beliebtesten. Im Jagdjahr 2018/19 wurden deutschlandweit 14.100 t verspeist, weit mehr als Rehwild mit 9600 t.
Es sind im Kreisgebiet schon ganz schön viele – und es werden immer mehr: Wildschweine.
Hans-Albrecht Hewicker: Der Jagddruck auf Wildschweine muss hoch bleiben.
Veröffentlichung honorarfrei, Beleg erbeten
Kreisjägerschaft Pinneberg:
Die Kreisjägerschaft Pinneberg ist ein eingetragener Verein und Mitglied im Landesjagdverband Schleswig-Holstein.
Jäger, Jagdberechtigte und Naturliebhaber setzen sich in acht Hegeringen für das Gleichgewicht und die Vielfalt in der Natur sowie den Natur- und Artenschutz ein.